Liebe Hockey Freunde

 

Anfangs Oktober sind wir in die Meisterschaft gestartet und haben mit zwei sehr hohen Siegen gegen Wayne State die ganze Liga überrascht. Doch ganz so einfach war es dann gegen andere Gegner leider nicht. Wir sind mit 10 Freshmen ein sehr junges Team und müssen noch vieles lernen. Wenn wir jedoch gut spielen, können wir jeden Gegner schlagen, was wir letztes Wochenende gegen Mercyhurst (zweitbestes Team der Liga) mit einem Unentschieden und einem Sieg gezeigt haben. Ich und andere aus der vierten Linie kommen leider nur sehr selten zum Einsatz, aber mit dem habe ich ja auch rechnen müssen. Ich versuche einfach aus den vielen Trainings das Beste herauszuholen. Anfangs Saison habe ich als Verteidiger trainiert, dann als Flügel, etwas später als Center und nun bin ich schon seit ein paar Wochen wieder Verteidiger, was mir eigentlich am besten gefällt. Ich gewöhne mich immer mehr ans hohe Tempo und fühle mich wohler. Manchmal ist es aber schon schwierig sich zu motivieren, wenn man fast nie spielen kann. Andererseits bin ich zum Teil auch froh, dass ich nicht spiele, denn der Druck der auf den Spielerinnen lasten ist hier riesig. Die ganze Meisterschaft ist hier so aufgebaut, dass jedes Spiel, egal ob es das erste oder letzte ist, so wichtig ist, wie ein Play-off Spiel. Ich kann das jetzt hier nicht genau erklären, denn es ist sehr kompliziert. Unser Coach versteht es auf jeden Fall und rastet dem entsprechend aus, wenn wir nicht gut spielen. Ich habe noch nie, nicht einmal annähernd, einen so harten Coach erlebt. Es heisst nicht umsonnst, dass Clarkson eines der strengsten Programme sei. Hier mit Beispielen über unseren Coach anzufangen macht keinen Sinn, denn dann würde dieser Bericht viel zu lange. Ich werde ja viele von euch wieder sehen und euch gerne über alles berichten.

Was ich hier aber gerne erzählen möchte ist, was hier drüben alles anders läuft als in der Schweiz. Zuerst einmal muss ich sagen, dass Frauenhockey einfach viel viel ernster genommen wird. Vor allem an der Clarkson University, wo ja nur die beiden

Hockeyteams in der höchsten Collegeliga spielen, ist Hockey einfach das Grösste. Ich werde von anderen Studenten angesprochen, die ich nicht einmal kenne, und sie gratulieren mir zum Sieg. Viele Professoren erkundigen sich am Montag über die Resultate, wenn sie nicht selber zugeschaut haben. Wenn wir Probleme mit Abgabefristen haben, da wir immer schon am Donnerstag abreisen für unsere Auswärtsspiele, dann ist das bei fast keinem der Professoren ein Problem. „Oh you’re in the hockeyteam? Good luck then“. Zuschauer haben wir Zuhause immer ca.300 wovon ca.20 zur Pepband gehören. Diese ist etwa vergleichbar mit einer Guggenmusik und die machen mega Stimmung. Letzte Woche haben wir auswärts gegen Dartmouth gespielt und es hat dort 871 Zuschauer gehabt. Egal wo wir spielen, hat es nie nur 3 Leute, die die Matchuhr betreiben. Da gibt es eine ganze Pressetribüne mit ca.15 Leuten an Computern, Kameras, Kopfhörern usw. Zudem noch Leute , die unten im „Hüsli“ sind, Leute auf den Strafbanken, Leute für die Billetkontrolle, mehrere, die die Scheiben rings ums Eisfeld polieren usw. Es ist wirklich unglaublich was hier für einen Aufwand betrieben wird!!! Die Matchpunks sind in einer Tiefkühltruhe, die Wäsche wird immer vom Gastgeber gemacht, man bekommt Gatorade und unsere Hotels sind ziemlich luxeriös. Aber wenigstens in einer Hinsicht finde ich, dass wir zumindest in der Nati besser wegkommen. Unsere Betreuerin hat zwar Physiotherapie studiert, aber das einzige was sie macht ist tapen. Sonst gibt es nur noch zwei andere Möglichkeiten, nämlich Eisbeutel oder Wärmekissen. Ich habe mir schon so oft eine Massage gewünscht, wenn ich wieder einmal so verkrampft gewesen bin, dass ich mich kaum bewegen konnte, aber nein sie sagt dann nur „All you can do is heating and stretching“ super!!!

So jetzt geht es noch 3 Wochen, dann kann ich mich in der Schweiz ein wenig erholen und dann in der Nati vielleicht sogar einmal eine Massage geniessen ;-)

Schöne Adventszeit

Steffi Wyss