Die Tränen vom Hexer   Druckansicht

Mir war ganz anders. Ich glaube, ich hatte das letzte Mal vor zwanzig Jahren nach einem Eishockeyspiel Tränen in den Augen.“, sagte der Trainer der OSC Eisladies Berlin, René Bielke zu Hockeyweb.  Wenige Minuten zuvor hatten seine Damen in einem wahren „Europapokal-Qualifikationsturnier Endspiel“ in letzter Sekunde die Fahrkarte zum Eurpoapokal-Finalturnier nach Schweden gelöst. 

Spitzenklubs zu Gast in Berlin

„Das war verdammt knapp!“, war es aus vielen Mündern der Offiziellen am Sonntagabend im Wellblechpalast zu hören. Trotzdem war die Freude riesig. In diesem Qualifikationsturnier, was seit Freitagmittag im Berliner Sportforum ausgetragen wurde, ging es neben den OSC Eisladies aus Berlin auch für die Damen vom HC Lugano (Schweiz), Slavia Prag (Tschechien) und dem HC Cergy Pontoise (Frankreich) um die "Reise nach Schweden". Dafür spielten die Teams im Modus „Jeder gegen Jeden“ die besten beiden Teams aus, welche die Fahrt zum Finalturnier antreten sollen.

Erwartungsgemäß setzten sich dabei mit drei Siegen in drei Spielen die Damen aus Lugano durch. Die Teams aus Berlin und Prag gewannen jeweils gegen den HC Cergy Pontoise und verloren gegen Lugano. So brachte der Sonntagabend im Wellblechpalast im Spiel zwischen den Berliner Eisladies und Slavia die Entscheidung über den zweiten Teilnehmer.

„Ich habe den Mädels gesagt, wer heute gewinnt, der fährt zum Finale!“, sagte Peter Hannemann, 1. Vorsitzender der Eishockeyabteilung vom „Olympischen Sportclub Berlin e.V. schon einige Stunden vor der Partie. Die Anspannung war im trotzdem schon anzusehen. Auch beim Spiel selber, blieb Hannemann nicht ruhig. Seine Bewegungen am Rande der Spielerinnenbank waren fast mit den stark gestikulierenden Bewegungen vom Prager Trainer gleichzusetzen.

Glanz aus der „Hall of Fame“  gab Kraft an der Bank

Ganz anders dagegen zeigte sich Eisladies-Trainer René Bielke. Der Hexer von Hohenschönausen - den Namen bekam er Anfang der 90er Jahre, als er für den SC , bzw. dem EHC Dynamo zwischen den Pfosten stand - wirkte nach außen recht ruhig. Überhaupt ist der Wellblechpalast, in denen seine Damen an diesem Wochenende kämpften, so etwas wie sein Wohnzimmer. Sogar sein Name hängt dort, angebracht an der Hallenstirnseite, zusammen mit anderen Berliner Eishockeygrößen zu einer „regionalen Hall of Fame“ vereint. In der nationalen Ruhmeshalle im Eishockeymuseum in Augsburg ist er ja ebenfalls bereits aufgenommen worden.

Genauso wie seine „Beraterin“ zu diesem Turnier.

Michaela Hildebrant, seit diesem Jahr die erste Frau in der deutschen Hall of Fame und die Vorgängerin von René Bielke hinter der Eisladies-Bank, legte bereits mit dem Aufbau der Meistermannschaft 2006 den Grundstein für die weiteren Erfolge. „Das Feuer ist bei mir nie erloschen“, sagte die „Mitsch“, wie sie von Allen genannt wird, zu Hockeyweb auf die Frage, ob es nun ein Trainer-Comeback geben wird. Doch dies wiegelte sie ab: „Ich hatte ja damals nach der Meisterschaft 2006 nicht aufgehört weil es mir keinen Spaß mehr gemacht hatte, ich bekam einfach nicht mehr meinen Beruf als Erzieherin und den Trainerposten zu 100% unter einen Hut.“ Trotzdem ist sie nicht traurig, denn: „Wann immer ich will kann ich zu den Mädels gehen, und mit René Bielke haben sie auch einen richtig guten Trainer.“

Happy End gegen Slavia Prag

Mit dieser Unterstützung gelang es letztendlich auch, den Sprung zum Finalturnier zu schaffen. Nur hatten die Götter vor dem Preis ja bekanntlich auch den Schweiß gesetzt. Und dieser war, wie auch der Angstschweiß, unübersehbar. Nach zwei Berliner Toren in der Anfangsphase durch Anja Scheytt (4.Spielminute) und Susann Götz (11.), fanden die Gäste in der 16. und 26. Spielminute eine Antwort und egalisierten den Spielstand auf 2:2. Im doppelten Überzahlspiel (34.) brachte Nikola Holmes aber die Berlinerinnen erst einmal wieder auf die Gewinnerstrasse. Doch ein eher harmloser Schuss rutschte noch im letzten Drittel zum Ausgleich ins Berliner Tor. Nach fünfminütiger Verlängerung war es dann der zweite Berliner Versuch in der zweiten Runde des finalen Shoot-out, welcher durch den Treffer von Stephanie Frühwirt den 4:3 n.P. Sieg sicherte.

„Elche wir kommen!“ – Berlin im Europapokalfieber

„Elche wir kommen!“, rief Fraueneishockey-Urgestein Mike Eigen durch den Wellblechpalast. Trotz seiner berühmt-berüchtigt humorvollen Art, sah er nach dem Spiel doch noch etwas blass aus. „Ich dachte ich bekomme bei diesem Spiel einen Herzinfarkt. Ich fühle mich jetzt fünf Jahre älter.“, sagte er unüberhörbar zu Hockeyweb, und setzte gleich noch einmal nach: „Jetzt bin ich eben 35 Jahre alt!!“ - und strich sich dabei durch sein dünnes graues Haar..

Alles in Allem war es also ein gelungenes Wochenende und für eine gute Werbung für das Fraueneishockey und die Berliner Eisladies, die zweifelsohne sportlich gesehen in der Bundeshauptstadt eine der erfolgreichsten Sportmannschaften stellen. Und vielleicht braucht René Bielke auch keine weitern zwanzig Jahre mehr, um den Emotionen mal wieder etwas freien Lauf zu lassen. In Schweden ist schon die nächste Chance dazu.

(Oliver Koch)