Diese Liebe rostet nicht
Von Nicole Vandenbrouck | 23:50 | 24.11.2008

John Pohl durfte bei Lugano endlich wieder mal ran. Trotzdem möchte der Ami die Tes­siner verlassen.

Leidenschaft Hockey ist die Passion von John und Krissy Pohl. (Toto Marti)

Fünf Wochen. Oder 13 Spiele. So lange war John Pohl Luft für Lugano-Trainer John Slettvoll. Der amerikanische Center wurde vom Schweden im Oktober zum überzähligen Ausländer degradiert. Pohl selbst erfuhr damals von BLICK von dieser Massnahme.

Die Herz-Probleme von Randy Robitaille brachten den 29-Jährigen zurück ins Team. Sein Comeback gegen Zug mit einem Tor und drei Assists beeindruckte. Doch Pohls Qualitäten als Spieler hatte sowieso nie jemand angezweifelt.

Umso erstaunlicher waren Pohls Aussagen am Tessiner Fernsehen, dass ihm der HC Lugano in diesen Tagen signalisiert habe, nicht mehr mit ihm zu planen. «Und ich mich deshalb jetzt nach einem anderen Klub umschaue. In den nächsten Spielen kann ich mich präsentieren.» Frustriert war der Ex-NHL-Stürmer schon zu Beginn seiner Ersatzzeit. Sagte im BLICK: «Ich muss wohl akzeptieren, dass nicht immer alles zutrifft, was Leute einem sagen.» Damit deutete Pohl an, dass man ihm in Lugano bei seiner Vertragsunterzeichnung versprochen hatte, im Team eine Leaderrolle zu tragen.

Pohls Aussagen am TV gingen auch an Klubpräsident Paolo Rossi nicht spurlos vorbei: «Ich verstehe seine Emotionen, seinen Frust nach dieser langen Pause.» Doch gleich im nächsten Atemzug betont Rossi, dass Pohl bei den Bianconeri ist und bleibt und dementiert so Pohls Worte. «Wir haben vor Saison­beginn festgelegt, dass wir mit fünf Top-Ausländern diese Saison bestreiten wollen.» Die letztjährige Erfahrung mit Jukka Hentunen (der Finne wechselte mitten in der Saison für viel Geld nach Russland) habe das Team geprägt, «weil schlechte Stimmung in der Kabine aufgekommen ist», so Rossi.

Welche Dynamik in der Garderobe herrscht, kann laut Rossi Trainer Slettvoll am besten beurteilen. Deshalb respektiert der Präsident die Entscheide des 64-Jährigen in der Ausländerfrage. «Der Trainer ist der König in der Kabine. Er geniesst mein Vertrauen.» Pohl aber nicht jenes von Slettvoll.

Der Amerikaner ist in Lugano unglücklich. Seine Aussagen deshalb unmissverständlich: Pohl würde am liebsten weg, auch als Leihgabe. Da macht ihm der Klub aber einen Strich durch die Rechnung. «Wir bekamen viele Anfragen, lehnten aber alle ab», stellt Präsident Rossi klar. Lugano behält also sein Luxus-Problem.

Die talentierte Krissy Pohl

Die grossen Eishockey-­Erfolge im Hause Pohl heimste Johns Ehefrau Krissy Pohl (27) ein. Die Amerikanerin gewann mit der US-Nati WM-Gold (2006), Olympia-Bronze (2006) und -Silber (2002). Bereits 2001 wurde Krissy (damals Wendell) zur Spielerin des Jahres gewählt.

Zum Eishockey – und zu John Pohl – fand die hübsche Blondine dank ihrem Bruder Erik. Er spielte im selben College-Team wie Pohl und auch Ambris Erik Westrum. «Ich eiferte schon immer meinem Bruder nach», erzählt Krissy Pohl. Als sie vor 20 Jahren anfing, mit Jungs Eishockey zu spielen, war Krissy in ganz Minnesota noch das einzige Mädchen. Mit ihrem Talent erlangte sie als «The Girl» einen hohen Bekanntheitsgrad. Erst 1999 wurden reine Mädchen-Teams gegründet.

Bei den Pohls wird dennoch nicht dauernd über Eis­hockey gefachsimpelt. Im Mittelpunkt steht Tochter Emily (5 Monate). Krissy trainiert mit dem Frauenteam des HC Lugano. Sie will sich aber nicht für Match-Einsätze aufdrängen, da sonst eine andere Ausländerin Platz machen müsste. Was für eine Ironie, verglichen mit der Situation ihres Mannes.

Nicole Vandenbrouck