Angela Frautschi (Nr. 12) spielt häufig auch gegen Junioren. (Bild: Fotograf/zvg)
Angela Frautschi (Mitte) und Anja Stiefel (ganz rechts) im Kreis ihrer Gastfamilie.
Am Anfang war der Wunsch, einmal in Übersee Eishockey zu spielen. Im letzten
Frühling wurde aus dem Wunsch plötzlich Reslität. Björn Kinding, der auch in der
Schweiz bekannte Headcoach des Frauenteams Calgary Oval X-Treme, hatte noch zwei
Plätze zu besetzen und wollte diese an Schweizerinnen vergeben. Kinding
kontaktierte Nationaltrainer René Kammerer. Kammerer empfahl dem Schweden, die
21-jährige Verteidigerin, die mit Langenthal Meister geworden war, zu
verpflichten. Den zweiten Platz erhielt die 18-jährige Ostschweizerin Anja
Stiefel. «Ich bin mit viel Respekt nach Calgary gezogen», erinnert sich Angela
Frautschi. «Ich war gespannt, wie ich aufgenommen werden würde.»
Calgary Oval X-Treme ist nicht irgendein Verein. Das Team dominierte in den
letzten sechs Jahren in der Western Women’s Hockey League (WWHL) nach Belieben.
Im Quervergleich mit den im Osten Kanadas beheimateten Vereinen der Canadian
Women’s Hockey League triumphierte Oval X-Treme viermal, 1998, 2001, 2003 und
2007. Acht Spielerinnen, die mit Kanada 2006 olympisches Gold holten, gehören
dem Team an. Und nun gehörte Angela Frautschi dieser Equipe an. «Ich wurde aber
sehr gut aufgenommen.»
Kein Arbeitsvisum erhalten
Trainiert wird in Calgary praktisch täglich. «Das Niveau ist höher als in der
Schweiz», sagt Frautschi. «Das Tempo ist höher, und auch die Pässe kommen
präziser.» Sie habe bereits gelernt, das Spiel besser zu lesen, meint die
21-Jährige weiter. In Calgary wohnt Angela Frautschi mit Anja Stiefel zusammen
bei einer Gastfamilie, bei der sich die Schweizerinnen sehr wohl fühlen. Und
auch auf den kleinen Eisfeldern Nordamerikas findet sich die Oberländerin gut
zurecht. «Ich spiele recht gern auf dem kleinen Feld. Das Spiel darauf
entspricht mir.»
Reich wird Angela Frautschi jedoch auch als Angehörige eines Spitzenteams wie
Calgary Oval X-Treme nicht. Viel Geld verdienen kann eine Eishockey spielende
Frau auch in Kanada nicht. «Ich selbst verdiene nichts. Einige
Spitzenspielerinnen, die dem Nationalteam angehören, werden vom kanadischen
Verband unterstützt, so dass es knapp zum Leben reicht. Es arbeiten aber
praktisch alle Spielerinnen», sagt Frautschi. Die Detailhandelsangestellte hatte
eine Stelle in einem Eishockeyshop in Aussicht. Diese konnte sie nicht antreten.
«Für ein Arbeitsvisum muss man 30 Stunden pro Woche arbeiten können. Das ist als
Eishockeyspielerin nicht möglich.» Angela Frautschi verdient sich nun in der
Firma ihres Gastvaters etwas dazu und will ihre Englischkenntnisse verbessern.
Auch hätte die 21-Jährige erwartet, dass sich die Liga stärker präsentiert. «Das
Niveau ist nicht viel höher als in der Schweiz. Wir gewinnen die meisten Spiele
deutlich.»
Calgary Oval X-Treme, das seine Spiele im Olympic Oval, dem
Eisschnelllaufstadion der Winterspiele 1988, austrägt, hat sich deshalb neue
Herausforderungen gesucht. «Wir spielen häufig gegen Juniorenteams, um mehr
gefordert zu werden», schildert Frautschi. «In einer Saison kommen wir auf etwa
50 Spiele.» Zuschauer kommen oft nur wenige zu den Spielen, das Interesse an den
Eishockeyfrauen ist aber durchaus vorhanden. «Wenn ich fremden Leuten sage, dass
ich für Oval X-Treme spiele, kriege ich schon Anerkennung. Und die Leute fragen
immer: Kennst du Hayley Wickenheiser?» Angela Frautschi kennt sie nicht.
Wickenheiser, die wohl bekannteste Eishockeyspielerin der Welt, spielte im
letzten Jahr noch in Calgary. Derzeit ist sie bei Eskilstuna Linden in der
dritten schwedischen Männerliga aktiv.
Nur ein Jahr
Angela Frautschi weiss schon jetzt, dass sie nur ein Jahr bei Oval X-Treme
bleiben kann. «Ich muss den Verein Ende Saison wieder verlassen. Die Klubleitung
will anderen Europäerinnen eine Chance geben, bei diesem Topteam zu spielen.»
Frautschi möchte aber noch ein zweites Jahr in Nordamerika anhängen. «Ich bin
schon jetzt auf der Suche nach einem neuen Team für die Saison 2009/10.»
(Berner Z