Heimspiele im olympischen Oval

Von Reto Pfister. Aktualisiert am 25.11.2008

 

Die Lenkerin Angela Frautschi ist nach Kanada gezogen, um bei einem der weltbesten Frauenteams Eishockey zu spielen. Ihr neuer Verein ist Calgary Oval X-Treme, das in den letzten sechs Jahren seine Liga dominiert hat.

Angela Frautschi (Nr. 12) spielt häufig auch gegen Junioren.

Angela Frautschi (Nr. 12) spielt häufig auch gegen Junioren. (Bild: Fotograf/zvg)

Angela Frautschi (Mitte) und Anja Stiefel (ganz rechts) im Kreis ihrer Gastfamilie.

Angela Frautschi (Mitte) und Anja Stiefel (ganz rechts) im Kreis ihrer Gastfamilie.

Am Anfang war der Wunsch, einmal in Übersee Eishockey zu spielen. Im letzten Frühling wurde aus dem Wunsch plötzlich Reslität. Björn Kinding, der auch in der Schweiz bekannte Headcoach des Frauenteams Calgary Oval X-Treme, hatte noch zwei Plätze zu besetzen und wollte diese an Schweizerinnen vergeben. Kinding kontaktierte Nationaltrainer René Kammerer. Kammerer empfahl dem Schweden, die 21-jährige Verteidigerin, die mit Langenthal Meister geworden war, zu verpflichten. Den zweiten Platz erhielt die 18-jährige Ostschweizerin Anja Stiefel. «Ich bin mit viel Respekt nach Calgary gezogen», erinnert sich Angela Frautschi. «Ich war gespannt, wie ich aufgenommen werden würde.»

Calgary Oval X-Treme ist nicht irgendein Verein. Das Team dominierte in den letzten sechs Jahren in der Western Women’s Hockey League (WWHL) nach Belieben. Im Quervergleich mit den im Osten Kanadas beheimateten Vereinen der Canadian Women’s Hockey League triumphierte Oval X-Treme viermal, 1998, 2001, 2003 und 2007. Acht Spielerinnen, die mit Kanada 2006 olympisches Gold holten, gehören dem Team an. Und nun gehörte Angela Frautschi dieser Equipe an. «Ich wurde aber sehr gut aufgenommen.»

Kein Arbeitsvisum erhalten

Trainiert wird in Calgary praktisch täglich. «Das Niveau ist höher als in der Schweiz», sagt Frautschi. «Das Tempo ist höher, und auch die Pässe kommen präziser.» Sie habe bereits gelernt, das Spiel besser zu lesen, meint die 21-Jährige weiter. In Calgary wohnt Angela Frautschi mit Anja Stiefel zusammen bei einer Gastfamilie, bei der sich die Schweizerinnen sehr wohl fühlen. Und auch auf den kleinen Eisfeldern Nordamerikas findet sich die Oberländerin gut zurecht. «Ich spiele recht gern auf dem kleinen Feld. Das Spiel darauf entspricht mir.»

Reich wird Angela Frautschi jedoch auch als Angehörige eines Spitzenteams wie Calgary Oval X-Treme nicht. Viel Geld verdienen kann eine Eishockey spielende Frau auch in Kanada nicht. «Ich selbst verdiene nichts. Einige Spitzenspielerinnen, die dem Nationalteam angehören, werden vom kanadischen Verband unterstützt, so dass es knapp zum Leben reicht. Es arbeiten aber praktisch alle Spielerinnen», sagt Frautschi. Die Detailhandelsangestellte hatte eine Stelle in einem Eishockeyshop in Aussicht. Diese konnte sie nicht antreten. «Für ein Arbeitsvisum muss man 30 Stunden pro Woche arbeiten können. Das ist als Eishockeyspielerin nicht möglich.» Angela Frautschi verdient sich nun in der Firma ihres Gastvaters etwas dazu und will ihre Englischkenntnisse verbessern. Auch hätte die 21-Jährige erwartet, dass sich die Liga stärker präsentiert. «Das Niveau ist nicht viel höher als in der Schweiz. Wir gewinnen die meisten Spiele deutlich.»

Calgary Oval X-Treme, das seine Spiele im Olympic Oval, dem Eisschnelllaufstadion der Winterspiele 1988, austrägt, hat sich deshalb neue Herausforderungen gesucht. «Wir spielen häufig gegen Juniorenteams, um mehr gefordert zu werden», schildert Frautschi. «In einer Saison kommen wir auf etwa 50 Spiele.» Zuschauer kommen oft nur wenige zu den Spielen, das Interesse an den Eishockeyfrauen ist aber durchaus vorhanden. «Wenn ich fremden Leuten sage, dass ich für Oval X-Treme spiele, kriege ich schon Anerkennung. Und die Leute fragen immer: Kennst du Hayley Wickenheiser?» Angela Frautschi kennt sie nicht. Wickenheiser, die wohl bekannteste Eishockeyspielerin der Welt, spielte im letzten Jahr noch in Calgary. Derzeit ist sie bei Eskilstuna Linden in der dritten schwedischen Männerliga aktiv.

Nur ein Jahr

Angela Frautschi weiss schon jetzt, dass sie nur ein Jahr bei Oval X-Treme bleiben kann. «Ich muss den Verein Ende Saison wieder verlassen. Die Klubleitung will anderen Europäerinnen eine Chance geben, bei diesem Topteam zu spielen.» Frautschi möchte aber noch ein zweites Jahr in Nordamerika anhängen. «Ich bin schon jetzt auf der Suche nach einem neuen Team für die Saison 2009/10.» (Berner Z